Anti-Jagd-Training

Anti-Jagd-Training
Anti-Jagd-Training | Foto: bezzznika / Depositphotos.com

Diverse Hunderassen verfügen über einen angeborenen Jagd-Trieb. Dies ist für den heutigen Alltag mit Hunden aber nicht wirklich vorteilhaft. Bei unzureichender Erziehung und Auslastung kann der Jagd-Trieb sogar zu einem großen Problem werden. Dies kann sich im Jagen von Drosseln oder Kaninchen ebenso zeigen wie dem Jagen von anderen Hunden und Katzen.

Sowohl für den Hund, seinen Besitzer, aber auch alle Tiere und Menschen in der Umgebung kann dies eventuell sogar gefährlich werden. Das Einzige, was dagegen getan werden kann, ist eine konsequente und intensive Erziehung. Sollte diese nicht fruchten, ist an ein Anti-Jagd-Training zu denken.

Wenn sich der Hund nicht mehr kontrollieren lässt

Sie kennen sicher diese Hunde, die versuchen, hinter allen hinterherzujagen, was sich bewegt – Vögel, Hasen, die Katze vom Nachbarn und leider auch andere Hunde, eventuell Postboten. Von dem eigentlichen Problem der anderen Tiere einmal abgesehen, ist es eine sehr peinliche Situation, wenn der Hund überhaupt nicht reagiert, egal wie man versucht, ihn zurückzurufen. Ganz ehrlich – auf diese Weise wird jeder Spaziergang mit dem Hund ein Spießrutenlauf. Oder man verlegt seine Spaziergänge auf Zeiten, an denen zu hundert Prozent kein anderer Hund auf der Straße ist. Aber das wird, ganz ehrlich, ein wenig zu kompliziert.

Doch nicht nur andere Hunde und Katzen können ein Problem darstellen. Auch wenn die tägliche Runde an einer vielbefahrenen Straße entlangführt, wäre es unverantwortlich, wenn der Hund aufgrund eines Tieres auf der anderen Straßenseite mitten auf die Straße laufen würde, direkt zwischen die Autos. Undenkbar!

Zudem darf nicht vergessen werden, dass regional eine Leinenpflicht greift, nicht nur in der Brut- und Setzzeit. Der Hund, der also hinter seiner „Beute“ her ist, würde entsprechend auch seinen Besitzer, am anderen Ende der Leine, eventuell stark gefährden. Gerät er erst einmal in den Jagdrausch, ist es fraglich, ob die Leine nicht einfach nur noch ein lästiges Accessoire ist. Die Kraft verschiedener Jagdhunde sollte nicht unterschätzt werden.

Hat nicht jeder Hund einen Jagdtrieb?

Ja und nein. Denn bei vielen Hunderassen wurde der vorhandene Jagdtrieb im Laufe der vielen Jahre Zucht vernachlässigt bzw. bewusst zurück gezüchtet. Dennoch kann es auch innerhalb einer Rasse Unterschiede geben, die aus der Zuchtlinie heraus erklärbar sind. So ist es nicht verwunderlich, dass der eine Hund beim kleinsten Rascheln im Unterholz bereits losspringen möchte, der andere aber nicht einmal mit der Wimper zuckt. Zu welcher Sorte der eigene Hund gehört, weiß man leider beim Kauf eines Welpen noch nicht. Eventuell kann man sich an der Zuchtlinie orientieren. Aber auch diese Beobachtungen sind nicht hundertprozentig zuverlässig.

Wer sich einen Hund aus der Rubrik der Jagdhunde aussucht, sollte sich natürlich aber nicht wundern, warum der Hund versucht, diesen angeborenen Trieb tatsächlich auszuleben. Die nachfolgenden Rassen wurden ursprünglich für die Jagd gezüchtet und zum Teil immer noch zu diesem Zwecke vorrangig eingesetzt.

Die so genannten Jagdgebrauchshunde sind darauf spezialisiert, das Wild zu hetzen, zu fixieren, sich an zu schleichen oder das Wild zu packen.  Anhand der Zuchtlinien ist zu erkennen, dass sie genau auf diese Ziele ausgerichtet wurden. Diese Rassen bedürfen einer sehr guten Grund- und Jagdgebrauchsausbildung.

Auf der anderen Seite gibt es reine Familienhunde, wie beispielsweise die Golden Retriever, den Mops oder auch den Boxer. Auch sie sind entsprechend gezüchtet worden.

Was kann den Jagdtrieb auslösen?

Es gibt verschiedene Auslöser, die für ein plötzliches Auflodern des Jagdtriebes verantwortlich sein können. Diese kommen bei jedem Hund anders zum Tragen. Manchmal ist bereits der Spaziergang mit mehreren Hunden das auslösende Moment. Das Problem des Jagdtriebes ist allerdings nicht das Auflodern oder das tatsächliche Jagen. Vielmehr ist es die Tatsache, dass ein Hund, der einmal gejagt hat, immer wieder auf diesen Auslöser reagieren wird. Und dieser Hund wird auch im Stande sein, andere Hunde dazu zu animieren, mit ihm zusammen zu jagen. Kein schöner Gedanke. Denn eine hormongesteuerte, jagende Meute ist kein Vergnügen.

Kann der Jagdtrieb kontrolliert werden?

Klären wir eines zuerst: Jeder Hund, auch der liebste Familienhund, kann vom Jagdtrieb ergriffen werden. Aus diesem Grunde sollte man sich über eine eventuelle Veranlagung informieren, bevor man sich einen speziellen Hund zu legt und dieser sich einer Staubwolke über das Feld wortwörtlich vom Acker macht und zu jagen beginnt. Hat er erst einmal Tempo aufgenommen und eine gewisse Distanz zwischen sich und Ihnen gebracht, ist es ohne die entsprechende Ausbildung kaum möglich, ihn zu stoppen. Da hilft kein Schreien, Pfeifen oder Rufen. Und es gibt sogar einen einfach Grund dafür: Glückshormone!

Viele Hundebesitzer wissen gar nicht, dass es für den Hunde einen großen Endorphinauswurf gibt, wenn er sich in den Jagdmodus versetzt. Nein, es nicht einmal zwangsläufig notwendig, dass der Hund das Wild auch erlegen kann. Der Rausch ist schon alles, was er benötigt, um diesen Kick zu erhalten und in vollen Zügen zu genießen.

Leider merkt er sich diesen Zustand ganz genau. Was folgerichtig dazu führt, dass er prompt dem nächsten Kaninchen nachsetzen wird, das ihm über den Weg läuft. Nicht, weil der Hund vorsätzlich ungehorsam sein möchte. Sondern einfach, weil er dieses tolle Gefühl, diesen Kick wieder erleben möchte. Er weiß, dass er sich auf diese Weise einfach großartig fühlt.

Woran erkenne ich, dass mein Hund und ich das Antijagdtraining benötigen?

Hat sich ein Hund erst einmal daran gewöhnt, dass ihm das Jagen ein derartiges Hochgefühl beschert, wird es recht schwer werden, ihm diese Angewohnheit wieder auszutreiben. Für den Besitzer ist es oftmals unmöglich, ihn an der Leine zu halten. Und hat er sich losgerissen und jagt, so ist der Besitzer umso erleichterter, wenn er unbeschadet wieder zu Hause auftaucht. Leider sind derartige Aktionen nicht sonderlich förderlich für das Vertrauen zwischen Hund und Herrn. Somit ist der Herr immer unruhiger und unsicherer, sobald er sich mit dem Hund auf die Straße bzw. in den Wald, zwischen die Felder begeben möchte. Diese Unsicherheit wiederum wird von dem Hund aufgenommen und in den meisten Fällen auch zu seinen Gunsten ausgenutzt.

Sie als Hundehalter sind nicht nur für die eigene Sicherheit und die des Hundes zuständig. Sie sind auch verantwortlich für die Umgebung sowie allen Lebewesen, die darin zu Schaden kommen könnten. Ja, das Argument, den Hund einfach nicht mehr von der Leine zu lassen, ist durchaus berechtigt. Doch kann auch dies nicht immer alles retten. Wenn sich ein großer, ausgewachsener Jagdhund in Position bringt und mit voller Kraft durchstartet, haben selbst große, starke Männer nicht immer eine Chance, ihn zurückzuhalten.

Und nun die gute Nachricht: Die meisten Jagdhunde, die sich einem Anti-Jagd-Training unterziehen, lernen diese neue Lektion, sodass sie, wenn auch vermutlich an der langen Schleppleine, problemlos wieder mit dem Herrn durch die Lande ziehen können.

Einige wenige jedoch werden auch durch beste Versuche nicht zu bekehren sein.

Wie sieht ein Anti-Jagd-Training aus?

  • Überzeugen Sie Ihren Hund, dass die Folgen des Unterdrückens des Jagdtriebes wesentlich höher anzusetzen sind, als die Freude, der Rausch, den er erfährt, wenn er sich dem Jagdtrieb hingibt. Nein, mit den normalen Leckerli als Belohnung wird man an dieser Stelle nicht punkten können. Vielmehr muss es ihm ein freudiges Bedürfnis sein, bei seinem Herren zu bleiben. Das bedeutet, dass die „Abenteuer“, die mit dem Besitzer zu erleben sind, mindestens genauso toll wie ein Jagdtabenteuer sein müssen. Diese Lektion gilt es, ihm beizubringen. Damit ist der Jagdtrieb zwar nicht vollkommen ausgeschaltet. Doch ist mit diesen Lektionen ein Umlenken möglich, sodass er sich auf andere Dinge fokussiert.
  • Der Grundgehorsam: Jeder Hund muss diese Grundbegriffe erlernen – Sitz, Platz, Aus, Bleib und natürlich Bei Fuß. Sie müssen vollkommen automatisiert sein, damit der Jagdhund bei seinem Herren eine konstante Sicherheit genießen kann. Für gewöhnlich wird bereits im Welpenalter mit dieser Konditionierung angefangen. Doch kann jeder Hund, sogar bis ins hohe Alter, diese Kommandos immer noch lernen. Wichtig hierbei ist die Konsequenz und die stete Einhaltung und Wiederholung. Auch wenn der Hund es noch so gut zu beherrschen scheint, sollte immer wieder einmal eine Übungseinheit eingelegt werden. Dieser Gehorsam muss natürlich belohnt werden. Damit Sie nicht immer mit einer Tasche voll Leckerli durch die Gegend laufen müssen, empfiehlt es sich, dem Hund von Anfang an sein Lieblingsspielzeug als Belohnung für erfolgreich ausgeführte Befehle zu geben. Es sollte nicht zu groß sein, damit Sie es schlimmstenfalls nach Hause tragen können.
  • Aufmerksamkeit und Bindung stärken: Jeder Besitzer glaubt von seinem Hund, dass er eine sehr gute Erziehung hat und alle Kommandos der „Grundausbildung“ perfekt beherrscht. Bis er sich losreißt und von Dannen zieht. Es gilt also, mit dem Hund Ausnahmesituationen zu trainieren. Situationen, in denen er seinen Trieben freien Laufen geben möchte, es aber nicht tut, um die Bindung zu seinem Besitzer nicht aufs Spiel zu setzen. Zu viele Verlockungen können auf einem Spaziergang auf ihn zu kommen. Diese Situationen wollen also provoziert und geübt werden. Denn er darf nur an einem Platz bleiben – bei seinem Herren. Dies ist alleine nicht gut machbar. Zumindest eine zweite Person sollte anwesend sein. Noch besser lassen sich diese Situationen unter kontrollierten Bedingungen in der Hundeschule in entsprechenden Kurse üben. Innerhalb dieser Lektionen sollte dem Hund erneut vermittelt werden, dass es nur einen Rudelführer geben kann und dass das SIE sind. Und der Rudelführer steht IMMER ganz oben, wenn es um die wichtigen Dinge des Spazierganges geht. Denn ohne den Rudelführer gibt es keinen Spaziergang. Wie also sollte das Halten der Aufmerksamkeit, die Bindung zwischen Rudelführer und dem Hund belohnt werden? Denn mit einer Belohnung geht ja alles gleich viel besser, nicht wahr? Es muss nicht immer ein Leckerchen sein, mit dem Sie die Aufmerksamkeit einfordern. Wie wäre es, wenn Sie sich verstecken und nach dem leicht abgelenkten Hund rufen? Wird er Sie finden? Wenn ja, loben Sie ihn überschwenglich. Bauen Sie derartige Spiele gerne spontan in die Spaziergänge ein.  Je besser die Verbindung zwischen Ihnen und dem Hund ist, desto bestrebter wird er sein, Sie zu finden. Was sollte er auch alleine auf dem Feldweg schon machen?
  • Ablenken des Jagdtriebes: Da der Hund ja nun nicht jagen darf, seine Triebe aber auch nicht vollständig unterdrücken kann, muss etwas anderes gefunden werden, damit er nicht vollkommen rammdösig wird oder letztlich doch noch ausbricht und stiften geht. Die verschiedenen Hundesportarten geben diesbezüglich eine große Auswahl. Vor allem für jene Hunde, die mehr als eine Fähigkeit aus dem Bereich der Jagdgebrauchshunde aufweisen. Was könnte in Frage kommen? Apportieren, Mantrailing, Dummyarbeit, Carni Cross oder natürlich Agility. Bei all diesen Hundesportarten ist nicht nur Köpfchen, sondern auch körperliche Ausdauer, Tempo und Beweglichkeit gefragt. Sinnvoll ist es, zu Beginn nur mit einer Hundesportart anzufangen. Wird diese einigermaßen gut beherrscht, kann eine zweite hinzu kommen. Doch wie bei allen Lektionen sollte der Hund, auch wenn er viel Potenzial anbietet, nicht überfordert werden.
  • Der Hundeauslauf: Viele Menschen, nicht nur in Stadt- bzw. Vorstadtgebieten, nutzen die vielzähligen Hundeausläufe, die extra zu dem Zweck eingerichtet wurden, dass die Hunde unter kontrollierten Bedingungen und vor allem vor Gefahrenzonen wie Straßen geschützt frei laufen können. Im Hundeauslauf können sie sich mit Artgenossen messen. Sie können laufen, rangeln und glückselige, freie Hunde sein. Auch können sie mit ihren Artgenossen „Freundschaften“ schließen. Es hat sich im Hundeauslauf schon so manche „Hundegang“ gebildet. Natürlich dürfen sie auch hier nicht in ihr Jagdverhalten verfallen. Der Rückruf zu jeder Zeit sollte schon sitzen, wenn man in den Hundeauslauf fährt. Doch wird man überrascht sein, wie vollkommen anders sich viele Hunde dort zeigen.
  • Den Impuls kontrollieren: Egal, für welche Ablenkungsmethode Sie sich entscheiden, es geht letztlich doch immer um die Impulskontrolle. Anders formuliert könnte man auch sagen, dass der Hund es lernen muss, Frust auszuhalten. Würde man eine Formulierung für den Menschen suchen, würde wohl der Begriff „Selbstbeherrschung“ zum Tragen kommen. Für die Impulskontrolle bedarf es einiger Geduld und Selbstreflexion des Besitzers. Ist man selber unruhig, ist es der Hund auch . Lassen Sie Hund beispielsweise Platz machen und werfen nun den Dummy. Der Hund soll natürlich sitzen bleiben, wofür er im Nachhinein richtig stark gelobt wird. Achten Sie darauf, dass er sich tatsächlich erst erhebt, wenn Sie das entsprechende Kommando dazu geben.
  • Das unentbehrliche Notfallsignal: Ja, Sie haben richtig gelesen. Auch im Umgang mit Hunden muss ein Notfallsignal, ein Superrückruf Sie werden für die Fälle benötigt, in denen gar nichts mehr geht. Es kann von Vorteil sein, sie mit einer Hundepfeife einzuüben, da diese auch bei eventueller Stimmlosigkeit des Besitzers zum Einsatz kommen kann. Es muss sich dabei aber um einen Befehl handeln, der nicht im alltäglichen Repertoire vorhanden ist. Und bitte – benutzen Sie diesen Befehl, nachdem der Hund ihn erfolgreich gelernt hat, nur in absoluten Notfällen. Er darf nicht bei jedem x-beliebigen Spaziergang zum Einsatz kommen. Dann hätte er im Notfall keine Wirkung mehr.
Anti-Jagd-Training notwendig
Oh ja, Hunde lieben es zu jagen… | Foto: buchsammy / Depositphotos.com

Ein guter Tipp zum Schluss

  • Geben sie niemals auf.
  • Beweisen sie geduld.
  • Suchen sie sich im bedarfsfall unterstützung in einer dafür geeigneten hundeschule.
  • Freuen sie sich über die kleinen fortschritte, die sie mit ihrem hund machen. besser kleine schritte als gar kein fortschritt.
  • Gönnen sie sich und ihrem hund ab und an eine pause vom harten trainingsplan. jeder braucht einmal eine kleine erholung.

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Fazit

Ja, es besteht die Chance, den Jagdtrieb eines Jagdhundes umzulenken, den Impuls zu unterdrücken. Doch sollte sich jeder darüber im Klaren sein, dass es sich um eine zeit- und arbeitsintensive Aufgabe handelt. Denn der Hund kann, trotz guter Erziehung und täglicher Übungseinheiten, rein theoretisch jederzeit wieder in seine genetisch bedingten Verhaltensweisen zurückfallen.

Deshalb ist es sinnvoll, sich nur dann mit Jagdhunden einzulassen, wenn man tatsächlich ausreichend Zeit und Sachverständnis hat, um ihnen die Auslastung und Sicherheit zu geben, die sie bei ihren täglichen Aufgaben, also den verschiedenen Hundesportdisziplinen, benötigen. Für Anfänger sind die Hunde mit einem ausgeprägten Jagdtrieb auf keinen Fall. Sie gehören in die Hände von versierten Hundehaltern, die genau wissen, worauf sie sich einlassen und was sie entsprechend zu tun haben.

Letzte Aktualisierung am 26.03.2024 / Affiliate Links / Bilder von der Amazon Product Advertising API

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